Schreibprozess

In your head

Am Anfang

Am Anfang war irgendwas. Einfach etwas. Eine Situation, ein Wort, ein Gesprächsfetzen, ein Filmschnipsel, ein Gedanke oder eine Empfindung. All das kann zu einem Vorgang führen, den ich früher gar nicht abstellen konnte (und auch nicht wollte). Jetzt muss ich mich vermutlich zu diesem Anfang hin arbeiten.

Dieses Irgendwas vom Anfang ist ein ganz empfindsames und vorsichtig zu behandelndes Ding. Es existiert erst einmal nur in einer kleinen Gehirnzelle. Vielleicht auch nur in einem Molekül eins Hormons in meinem Körper. Ein Elektron auf dem Weg als Idee von den Nervenenden zu hüpfen und in das Zentrum einzuschlagen. Bis dahin passieren aber noch ganz andere Dinge.

Kurz nach dem Anfang

Die Idee ist noch nicht wirklich. Es ist eine Vorstellung von etwas. Ich habe dann keine Ahnung wohin es geht, aber ich versuche diese Vorstellung zu greifen und irgendwie schöpferisch zu behandeln. Manchmal brodeln da Begriffe durch den Kopf, die ich dann durch Suchmaschinen jage. Es geht um ein erstes Verständnis dessen, was da im Kopf ist. Was wollen diese Begriffe mir sagen? Ach ja, es sind, egal was am Anfang war, im Grunde immer Wörter, die mir dann durch den Kopf gehen. Auch wilde Assoziationen von Begriffen, die in eine komplett andere Richtung führen können. Alles ist offen.

Etwas weiter nach dem Anfang

Der Bleistift kratzt aufgebracht über das Papier. Wilde, beinahe unlesbare Buchstaben bilden Wörter, dazwischen manchmal Verbindungslinien, Hinweise oder Blitze. Wenn er aufgefordert wird Wörter einzukreisen, weiß er, es ist nicht mehr weit. Die Vorstellung reift, die Idee ist nah. Unwillig lässt er die Klinge des Anspitzers über seinen hölzernen Rücken schaben, aber der Anblick von Kreisen macht es erträglicher.

Die Vorstellung

Den Anfang noch vor Augen, das Ergebnis von kurz nach dem Anfang griffbereit und dazu die eingekreisten Wörter aus weiterer Entfernung nach dem Anfang, kann sich jetzt die Vorstellung bilden. Was soll es werden? Ein Gedicht, eine Geschichte, ein Witz oder abstrakte Gedanken? Das Thema im Nebel, die Vorstellung da, aber nicht vollständig greifbar. So viele Wörter, so viele Gedanken. Mit der ersten Vorstellung gehe ich meistens noch mal schlafen. Alles danach kann auch erst Tage später passieren.

Mit der Vorstellung schwanger

Das alles reift zumeist einige Zeit in meinem Kopf. Manchmal werden weitere Wörter mit dem armen Bleistift auf das Papier geschwungen, radiert, gestrichen, wieder hingeschrieben und noch mal durchdacht. Reifen braucht Zeit. Während es reift ist noch nicht klar, was es wird. Es ist alles möglich. Sogar nichts kann dabei herauskommen. Es braucht diesen einen Moment, in dem die Klarheit kommt und alles vor mir ausgebreitet liegt. Und selbst dann nehme ich Veränderungen hin.

Die Wortblase platzt

Wenn ich Glück habe, sitze ich dann gerade an meinem Computer und kann all das, was nun aus mir heraus möchte, nein, muss, direkt in die Tastatur hämmern. Manchmal ist aber auch der arme Bleistift in der unmittelbaren Nähe und er sieht in einem Anfall von Panik den Anspitzer auf sich zukommen. Es ist egal. Die Wörter müssen raus. Sie sind reif und es ist eine Vorstellung da. Aus dem Anfang hat sich in mehreren Schritten etwas gebildet. Und dann schreibe ich.

Und nicht selten hebe ich den Kopf und das Ergebnis hat nichts mit dem zu tun, was ich eigentlich dachte, was die Vorstellung war. Mitten drin fällt mir auf, dass ich eventuell dies und das nicht richtig bedacht habe. Aus einer Liebesgeschichte wurde einst ein Mordfall und der Tod des Dackels der Tante mündete in Zeitreisen mit einem Hund.

Ach ja. Musik. Musik spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Sie beeinflusst tatsächlich beim Schreiben die Richtung. Nicht in dem Sinne, dass mich Death Metal zu Mord und Totschlag bringen würde, aber es werden Abzweigungen möglich gemacht. Passt die Musik zur Stimmung im Text, läuft es einfach. Also, Musik und Text ;)